Interview: KY
Stelle dich kurz vor / Bandvorstellung
Hallo, ich bin Acey, die Frontfrau, Komponistin und Produzentin von KY.
Wann und wie bist du zur Musik gekommen?
Ich habe mich eines Abends mit 15 Jahren heimlich an die Tür geschlichen, wo meine älteren Schwestern MTV guckten. Als ich das Solo von „Keep the faith“ von Bon Jovi sah und hörte, war es um mich geschehen. Alle meine pubertierenden Hormone stürzten sich auf Richie Sambora, den Gitarristen. Um ihm näher zu sein, habe ich angefangen alle Zweitstimmen, die er singt, rauszuhören und mitzusingen. Außerdem brachte mir das Gitarrespielen bei. Nach drei Akkorden fing ich an, meinen ersten eigenen Song zu schreiben. „S.O.S. – street of sadness“. Was man als fröhlicher Teenager halt so schreibt. Es fiel mir so leicht, dass ich dachte, jede:r kann und macht das.
Lebst du von der Musik hauptberuflich? Wenn Nein, welchen Beruf übst du aus?
Ich bin hauptberuflich Sängerin, Backgroundsängerin, Komponistin (auch für andere Künstler), Chorleiterin, Produzentin und Vocal Coach. Ich lebe also hauptberuflich von Musik, ja. Um nicht finanziell abhängig von meiner Kreativität sein zu müssen, habe ich mir dieses Lebensmodell erstellt.
Wie entsteht ein Song? Erst die Melodie oder erst der Text?
Da beginnt die Magie. Wenn ich nicht selbst dabei wäre, könnte ich es mir auch nicht so recht erklären. Meistens beginnt es damit, dass ich anfälliger werde für schöne Worte, Ausdrücke oder Metaphern in Englisch. Tja, und was ist dann zuerst da…? Das kann ich nicht richtig beschreiben. Es ist wie ein Tunnel. Gefühlt beides zur gleichen Zeit und dann bin ich nur die ausführende Hand, die das niederschreibt oder produziert, was schon fertig in meinem Kopf bereit liegt. Ich bin nicht in Trance oder so, aber es ergibt alles Sinn und ich setze die Puzzlestücke zusammen. Natürlich ist es nicht immer so einfach. Wir haben gerade erst einen Song geknackt, an dem ich seit drei Jahren sitze. Es gibt zig Varianten. Jetzt ist „der eine Akkord“ geändert, der das ganze Dingen blockiert hat und den Song nun endlich dahin führt, wo wir es haben wollen. Mit wir meine ich Stephen, meinen Drummer und Co-Produzenten und mich. Er hat den Blick von außen und konnte somit den Wald sehen, wo ich nur noch Bäume sah.
Was ist deine Inspirationsquelle?
Manchmal entsteht ein ganzer Song nur durch eine Metapher oder ein Bild, weil es für mich die ganze Geschichte schon in sich trägt. Manchmal ist es das geborgte Gefühl eines anderen Menschen. Liebeskummer, Trauma, Lebensgeschichte, Ängste. Meistens sind es meine eigenen Geschichten. Ich habe (leider) mehr als genug davon. Im kommenden Album verarbeite ich viel von meiner Krebserkrankung, unfreiwilligen Tablettenabhängigkeit, Depressionen, Panikattacken und die Abnabelung meiner toxischen Vergangenheit. Heavy stuff, aber es ist ein Befreiungsschlag und ein Abschluss mit dieser dunklen Zeit, aus der ich mich erfolgreich rausgekämpft habe. Ich war noch nie so nah an mir selbst dran wie zum jetzigen Zeitpunkt.
Nach welchen Kriterien wird die Setlist zusammengestellt?
Nach Stimmungen der Songs. Wir versuchen, „emotional schlüssig“ durch das Set zu führen. Starker Anfang, in der Mitte auch mal was zum Durchatmen und am Ende tanzen wir uns mit dem Publikum aus dem Set.
Was bedeutet für dich Musik?
Musik ist mein Ventil, ohne das ich schon längst in 1000 kleine Stücke zerschellt wäre.
Welche Musik hörst du privat?
Wenig, weil ich den ganzen Tag mit Musik zu tun habe. Aber wenn, viel gechillten Indiekrempel. Sachen, bei denen mein Berufsohr nicht automatisch anspringt.
Gibt es musikalische Vorbilder?
Eigentlich nicht. Selbst in den Coverprojekten habe ich mich nicht an den Originalen orientiert, sondern mir die Songs nur 1-2 Mal angehört und dann meine eigene Version daraus gemacht.
Ich bewundere aber viele Künstler:innen, vor allem mag ich die Energie, die sie auf der Bühne versprühen.
Was ist die wichtigste Musikequipment-Erfindung aller Zeiten-und warum?
Inear. Mit Monitorboxen konnte ich mir den Mix nie „mal eben“ beim Soundcheck so zusammenstellen, wie ich ihn brauche, um präzise mit meinen Stimmsounds arbeiten zu können.
Und passend dazu: Automationen. Sie sind für mich gerade bei diesem neuen Projekt live eine Offenbarung. Jedes Echo, jeden Hall habe ich exakt auf die Millisekunde so programmiert, wie ich sie haben will. Sie bestimmen bei meinen Songs 50% der Dramaturgie.
Erzähle von deiner schönsten oder schlimmsten Erfahrung auf der Bühne.
Eine der schönsten Erfahrungen war am Ende unserer Akustikshows. Da sind wir immer ins Publikum rein. Meine Band (Drummer mit Cajón) hat sich kreisförmig um das Publikum positioniert, ich in der Mitte. Wir haben „time after time“ gecovert. Erste Reaktion beim Intro war immer „aaaaaw“ und ab da nur noch lächelnde Gesichter. Viele haben mitgesungen. Das waren immer sehr intime Momente.
Schlimmster Moment: Als wir im Hard Rock Café Berlin spielten und ich am Ende von der Bühne zum Backstage gehen wollte und mein Möchtegern-Stalker mich aber zum Verrecken nicht durchließ, weil er SOFORT mit mir reden wollte. Schließlich hatte er ja schon den ganzen Abend darauf gewartet.
Gibt es Rituale vor der Show?
Wir sind immer sehr ruhig und fokussiert. Da sammelt sich die ganze Energie zu einem großen Ball, den wir dann auf der Bühne abfeuern. Viele deuten das als Nervosität, aber tatsächlich sind wir gemeinsam mental in einem Cocon, in den keiner rein kann und uns aber auch keiner rausbekommt.
Was würdest du deinem 18-Jährigem Ich sagen?
„Halte durch. Ich verspreche Dir, es wird besser, auch wenn es sich noch für noch sehr lange Zeit nicht so anfühlen und wehtun wird. Aber irgendwann kommst Du bei Dir an.“
Was machst du, wenn dich niemand sieht?
Durchatmen.
Fünf Fakten über dich
1) mein Softspot ist Weingummi, obwohl mir davon schnell schlecht wird
2) ich kann mich über Situationen, in denen sich Menschen voreinander erschrecken, noch Monate später totlachen
3) ich kann mir keine Namen merken (ist keine böse Absicht!)
4) mich langweilen Menschen, die sich lauthals darstellen müssen und mir ist Respekt superwichtig, das geht schon beim Dankesagen los.
5) ich bin eine Mogelpackung – viel schüchterner und unsicherer als man erstmal denken würde.
Worte an die Fans
Habt bitte keine Scheu uns nach den Gigs oder sonstwo auf Veranstaltungen anzusprechen, wir freuen uns über Feedback!
Danke für Eure Unterstützung und Ohren!
Introduce yourself / Band introduction
Hi, I’m Acey, the front woman, composer and producer of KY.
When and how did you get into music?
I sneaked in the door one night when I was 15 where my older sisters were watching MTV. When I saw and heard the solo of “Keep the faith” by Bon Jovi, I was hooked. All my pubescent hormones rushed to Richie Sambora, the guitarist. To be closer to him, I started listening to all the second voices he sings and singing along. He also taught me how to play the guitar. After three chords, I started writing my first song. “S.O.S. – street of sadness”. Just what you write as a happy teenager. It was so easy for me that I thought anyone can do it.
Do you make a living from music full-time? If not, what profession do you have?
I am a full-time singer, backing vocalist, composer (also for other artists), choir director, producer and vocal coach. So I live from music full-time, yes. In order not to be financially dependent on my creativity, I have created this life model for myself.
How is a song created? First the melody or first the lyrics?
That’s where the magic begins. If I wasn’t there myself, I wouldn’t really be able to explain it. It usually starts with me becoming more susceptible to beautiful words, expressions or metaphors in English. Well, and then what comes first…? I can’t really describe it. It’s like a tunnel. It feels like I’m doing both at the same time and then I’m just the executing hand, writing down or producing what’s already ready in my head. I’m not in a trance or anything, but it all makes sense and I put the pieces of the puzzle together. Of course, it’s not always that easy. We’ve just cracked a song that I’ve been working on for three years. There are umpteen variations. Now “the one chord” that has been blocking the whole thing has changed and is finally taking the song where we want it to go. By we I mean Stephen, my drummer and co-producer and myself. He has an outside perspective and was able to see the forest where I only saw trees.
What is your source of inspiration?
Sometimes a whole song comes from just a metaphor or an image, because for me it carries the whole story. Sometimes it’s the borrowed feeling of another person. Heartache, trauma, life story, fears. Mostly it’s my own stories. I (unfortunately) have more than enough of them. In the upcoming album I deal with a lot of my cancer, involuntary pill addiction, depression, panic attacks and cutting off my toxic past. Heavy stuff, but it’s a release and a closure to this dark time that I’ve successfully fought my way out of. I’ve never been as close to myself as I am now.
What criteria do you use to put together the setlist?
According to the mood of the songs. We try to lead through the set in an “emotionally coherent” way. A strong beginning, something to take a deep breath in the middle and at the end we dance ourselves out of the set with the audience.
What does music mean to you?
Music is my outlet, without which I would have shattered into a thousand little pieces long ago.
What music do you listen to in your private life?
Not much, because I’m involved in music all day. But when I do, it’s a lot of chilled out indie stuff. Stuff that doesn’t automatically get my professional ear going.
Do you have any musical role models?
Not really. Even in the cover projects, I didn’t follow the originals, I just listened to the songs 1-2 times and then made my own version out of them.
But I admire a lot of artists, I especially like the energy they exude on stage.
What is the most important music equipment invention of all time – and why?
Inear. With monitor speakers, I could never “just” put together the mix the way I needed it during a sound check in order to be able to work precisely with my vocal sounds.
And to go with it: Automations. They are a revelation for me live, especially with this new project. I have programmed every echo, every reverb exactly to the millisecond the way I want it. They determine 50% of the dramaturgy in my songs.
Tell us about your best or worst experience on stage.
One of the best experiences was at the end of our acoustic shows. We always went into the audience. My band (drummer with cajón) positioned themselves in a circle around the audience, me in the middle. We covered “time after time”. The first reaction to the intro was always “aaaaaw” and from then on only smiling faces. Many people sang along. Those were always very intimate moments.
Worst moment: When we played at the Hard Rock Café Berlin and I wanted to leave the stage at the end and go backstage, but my would-be stalker wouldn’t let me through because he wanted to talk to me IMMEDIATELY. After all, he had been waiting for me all evening.
Do you have any rituals before the show?
We are always very calm and focused. That’s when all the energy gathers into a big ball, which we then fire off on stage. Many people interpret this as nervousness, but we’re actually mentally in a cocoon together that nobody can get into and nobody can get us out of.
What would you say to your 18-year-old self?
“Hang in there. I promise you it will get better, even if it won’t feel and hurt like this for a very long time. But you’ll get there eventually.”
What do you do when no one sees you?
Take a deep breath.
Five facts about you
1) my soft spot is wine gums, although they make me sick quickly
2) I can still laugh myself to death months later about situations in which people scare each other
3) I can’t remember names (no offense intended!)
4) I get bored of people who have to present themselves loudly and respect is super important to me, starting with saying thank you.
5) I’m a fraud – much more shy and insecure than you might think.
Words to the fans
Please don’t be afraid to talk to us after the gigs or at other events, we are always happy to get feedback!
Thank you for your support and ears!